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Kommentar
Der Beitrag zeigt deutlich, warum die Elterninitiative und auch viele Andere, schon lange Zeit berechtigt die schwammigen Vorschriften kritisieren. Auch das hier ins Kreuzfeuer der Kritik geratene Landratsamt, spiegelt die aktuell geführten Diskussionen mit dem Landrat des Kreis Mayen-Koblenz wieder. Der Landrat müsste dazu verpflichtet werden die Anwendung des "Anforderungskatalogs für Schulbusse" des Bundesverkehrsministers anzuwenden. Wenn er dies nicht tut, dann müsste er wie in diesem berichteten tragischen Todesfalle juristisch zur Verantwortung gezogen werden. Auslegung von Gesetzen zu Gunsten des Sicherheitsbedürfnis von Kindern ist hier angesagt. Leider werden zu wenig Prozesse geführt, die letztendlich die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. (rd)
Siehe auch: StVZO, BOKraft, Anforderungskatalog für Schulbusse

Sparen an der Sicherheit?
Todesfalle Schulbus
Bayerisches Fernsehen
Zeitspiegel am 17. Dezember 2003 21:20

Zusammenfassung
Schreckliche Tragödie an der Bushaltestelle in Schwabmünchen. Weil er offensichtlich an einer halb geöffneten Tür hängen blieb, wurde vor gut einer Woche ein zehnjähriger Schüler von einem Bus mitgeschleift und tödlich verletzt. Der Fall wirft Fragen auf: warum konnte der Schulbus überhaupt anfahren - obwohl die Türe nicht geschlossen war? Technischer Defekt oder menschliches Versagen? Der Unglücksbus wurde beschlagnahmt, jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft. Der Zeitspiegel fragte nach und kam noch während der Recherche zu beunruhigenden Ergebnissen: bei den Dreharbeiten fuhr ein Bus mit geöffneten Türen los. Zum Glück passierte in diesem Fall nichts, der Fahrer stoppte nach wenigen Metern. Während im Linienbusverkehr strenge Richtlinien gelten, darf beim Transport von Schulkindern mit Reisebussen jeglicher Bauart gefahren werden. Unterschiedliche Standards führen dazu, dass nicht alle Bustypen eine Wegfahrsperre oder Innenspiegel an den Ausstiegen haben. Muss der Gesetzgeber nachbessern?
[Quelle: Zeitspiegel]

Wortgetreue Niederschrift des sechs Minuten Beitrags (rd)
Zehnjähriger Junge vom Schulbus überrollt. Ein tödlicher Unfall der jetzt die Staatsanwaltschaft Augsburg beschäftigt. Wieder einmal endet der Weg zur Schule für ein Kind tödlich. Ein schrecklicher Busunfall, der vielleicht hätte vermieden werden können. Und wie stets nach solch tragischen Unfällen wird jetzt wieder diskutiert, ob die Sicherheitsvorkehrungen ausreichen.

An dieser Bushaltestelle in Schwabmünchen starb vergangene Woche der zehnjähriger Patrick. Der Junge wurde vom Reifen seines Schulbusses überrollt. Zum Unfallhergang die ermittelnde Staatsanwältin (Ulrike Hampp Weigand): "Der Getötete stieg als Letzter aus, trödelte wohl etwas, wurde entweder mit dem Schulranzen oder mit dem Körper in der sich schließenden Tür eingeklemmt und der Bus fuhr an. Das Kind lief wenige Schritte daher. Die Kinder im Bus die noch da waren schrieen. Der Busfahrer hat das wohl nicht gehört, oder vielleicht doch gehört, jedenfalls wurde die Tür auf Grund des Widerstands geöffnet. Der Junge viel zu Boden mit der sich öffnenden Tür und wurde mit den hinteren Zwillingsreifen überrollt.

Der Fahrer und Ausbilder für Busfahrer Helmut Bobinger sagt: "Das Unglück wäre vermeidbar gewesen". Der Unglücksbus war ein normaler Reisebus der aber sei zum Transport von Kindern ungeeignet. "Meiner Meinung nach dürften die Busunternehmer keine Reisebusse einsetzen, sondern Linienomnibusse. Weil Linienomnibusse wesentlich tiefer sind, folglicherweise können Leute unten gar nicht reinfallen, der Busfahrer die Leute die ein- oder aussteigen immer über den Spiegel im Griff hat. Wenn die Schüler aussteigen beim Reisebus dann ist das Problem das da Trittstufen sind, mehrere, und bei einem Linienomnibus sind keine. Da können die nicht stolpern und solang im Türbereich Schüler sind, kann die Tür gar nicht zu gehen. Folglicherweise kann der Fahrer gar nicht losfahren, weil die Haltestellenbremse sich nur dann automatisch löst, wenn er die Türen ganz zu hat, dann kann er erst wegfahren."

Patrick wurde zum Verhängnis. dass ihn ein herkömmlicher Reisebus befördert hat. Der Einsatz solcher Reisebusse ist an der Schule die der Junge besucht hat üblich. Auch nach dem Unglück sind an der Schule Busse mit der selben Ausstattung im Einsatz. Zwar wurde der Unglücksbus beschlagnahmt - ist aber längst wieder freigegeben. Staatsanwältin: "Der Gutachter hat festgestellt das der Bus der 1999 zugelassen war, für den Gelegenheitsverkehr und Berufsverkehr technisch in Ordnung war".

Wir begleiten einen baugleichen Bus auf der Unglücksstrecke. Die Firma hat mehrere solcher Busse im Einsatz. Wir wollen sehen wie gefährlich der hintere Ausstiege für Schüler wirklich ist. Und dann passiert es vor laufender Kamera, obwohl die Tür noch offen ist, fährt der Bus los. Nur das eingreifen des Geschäftsführers verhindert schlimmeres. Helmut Schulze, Geschäftsführers Storz Reisen, "z.B. die Wegfahrsperre der Niederflurbusse, auch den vorgeschriebenen Innenspiegel im Mittenbereich, das sind sicherlich Vorkehrungen die solche Unfälle wahrscheinlich verhindern helfen. Auszuschließen ist es deswegen wahrscheinlich auch nicht, aber sehr stark Verhindern helfen."
Selbst der Geschäftsführer meint, dass seine Busse nicht optimal für den Schülerverkehr ausgerüstet sind.

Wegfahrsperren sind auch gar nicht vorgeschrieben, darauf verweist das Landratsamt Augsburg - Auftraggeber für den Schulbusverkehr im Landkreis. Michael Puschel: "Ich kann ihnen nicht sagen ob der konkrete Bus eine solche Wegfahrsperre hat oder nicht - das weis ich nicht. Das ist die Frage die sich jetzt beantworten lassen muss, ich weis auch nicht welche Busse sonst Wegfahrsperren haben von denjenigen die jetzt sagen man hätte es verhindern können. Man kann noch nicht einmal sagen ob es tatsächlich durch eine Wegfahrsperre hätte verhinderbar gewesen ist weil noch kein Mensch weis wie dieser Unfall zustande gekommen ist.

Die Aufträge des Schulbusverkehrs werden nach Vorschriften des Bundesverkehrsministerium vergeben, die aber könnten zu lasch sein. Staatsanwältin (Ulrike Hampp Weigand): "Möglicherweise sind im Schulbusverkehr mindere Sorgfallspflichten vorgesehen die eventuell hier in diesem Fall mit zu diesem Unfallgeschehen beigetragen haben".

Möglicherweise hat das Landratsamt Augsburg nur auf das Geld geschaut. Der Schulbusauftrag an Patricks Schule wurde vor einem halben Jahr neu vergeben. Seither sind an dieser Schule überwiegend Reisebusse im Einsatz. Vorher waren es überwiegend Linienbusse. Das Landratsamt Augsburg spart eine Menge Geld. Interviewer: "die Zahl die mir genannt wurde sind 100.000 Euro im Jahr, ist da richtig", Michael Puschel Landratsamt: "ja".

Wird im Schulbusverkehr auf Kosten der Sicherheit gespart? Fest steht, das Reisebusse nicht den optimalen Sicherheitsstandart bieten. Was jeder Laie auf den ersten Blick sieht, können die Juristen in den Amtsstuben offensichtlich nicht erkennen. (rd)

Bericht: Uli Hagmann, Kamera: Jo fröhlich, Christian Bormann, Schnitt: Bernd Angermayr.

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