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Vom Landkreis Hersfeld-Rotenburg vorgestelltes Schulbuslotsen-Konzept ein Allheilmittel?

Von Rolf Diederichs, 21.6.2004

Der Tod des 9-jährige Marius an einer Haltestelle in Raßdorf/Wildeck am letzten Tag vor den Osterferien bringt nun Maßnahmen in Bewegung. Der Landkreis Hersfeld-Rotenburg setzt auf ein Schulbus-Lotsen Konzept, was jedoch von anderen als unzureichend angesehen wird. Schulbus.Net half dabei mit durch Bereitstellungen von Informationen in der Sache Lösungen zu finden, welches von vielen in der Region dankend angenommen wurde. Die Power-Point Presentation der Veranstaltung wird vorgestellt.

Der Pressesprecher Michael Adam des Landkreises Hersfeld-Rotenburg antwortet im Namen der Ersten Kreisbeigeordneten Frau Bittner. Er füge ein Schulbuslotsen-Konzept an, das von der Polizei Osthessen erarbeitet und während einer Sitzung des Kreistagsausschusses für Bildung, Kultur, Sport und Gesundheit in einer großen Runde den Schulleitungen, dem Kreiselternbeirat, dem Kreisschülerbeirat, den Busunternehmen, der Kreisverkehrswacht und zahlreichen weiteren Experten und Betroffenen vorgestellt wurde. Es wird in den kommenden Wochen und Monaten Schritt für Schritt verwirklicht. Daneben wird es eine Begutachtung der Schulbus-Haltestellen geben, um zu sehen, ob es, und wenn ja wo es und welche Schwachstellen es gibt und wie sie beseitigt werden können.

Eine im Raum stehende Kritik am Buslotsenkonzept, dies helfe nicht für Grundschulkinder, wird von den Experten insbesondere von der Polizei so nicht geteilt. Die Schülerbeförderung erfolgt nicht in getrennten Systemen; Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen fahren gemeinsam in den Bussen und werden somit vom Schulbuslotsen-System betreut. Das schließt die Grundschulkinder ein. Wo dies nicht der Fall ist, werden andere Lösungen gesucht.

Rainer Nemnich, Geschäftsführer der Kreisverkehrswacht Hersfeld-Rotenburg hat die Veranstaltung (Präsentation des Buslotsenkonzeptes durch die Polizei) aufmerksam verfolgt, schildert er uns gegenüber. Dabei fällt ihm allerdings auf, dass es primär um körperliche Gewaltverhinderung und Verhinderung von Sachbeschädigungen in den Schulbussen geht. Erhöhung der Verkehrssicherheit ist dabei ein Nebenprodukt, aber nicht das Hauptanliegen. Der Polizei geht es bei ihrem so genannten SMOG-Projekt (SMOG- Schule machen ohne Gewalt) in erster Linie um eine Reduzierung der Straftaten oder Übergriffe in den Schulbussen. Natürlich kann sich ein Busfahrer besser auf das Fahren konzentrieren, wenn Ruhe und Ordnung im Bus herrschen. Zu mehr Sicherheit führt auch, dass die Buslotsen das Ein- und Aussteigen überwachen. So gesehen ist mit diesem Konzept letztlich auch eine Erhöhung der Verkehrssicherheit verbunden.

Rainer Nemnich habe aber auch in der Veranstaltung kritisiert, dass die meisten Punkte aus seinem Maßnahmenkatalog von Anfang April bisher nicht berücksichtigt wurden. So vermisse ich das Einbinden der Grundschüler in das Konzept. Die Beteiligung der Jugendverkehrsschulen und einen Schulbushaltestellen TÜV, der regelmäßig mit den Fachbehörden durchgeführt werden sollte. Allerdings sagte Frau Bittner ( Vizelandrätin und Schuldezernentin) sagte Nemnich zu, dass diese Punkte in weiteren Zusammenkünften des runden Tisches noch ausgiebig erörtert werden sollen. Er hofft später berichten zu können, dass hier tatsächlich etwas umgesetzt wurde.

Seit dem Unfall berichtet die Hessische Presse auch verstärkt über das Thema. In dem Bericht über die Veranstaltung zitiert die Rotenburg-Brebraer Allgemeine den Polizeipräsident Gero Kolter: "Das Sicherheitsgefühl wird positiv beeinflusst. Schüler haben weniger Angst vor dem Schulweg". In den Worten steckt drin was manche befürchten "nur ein Gefühl der Sicherheit mit wenig Realität". In einem Kommentar schreibt der Journalist der Zeitung Manfred Schaak zu recht "Wobei nicht vergessen werden darf: Vorrang hat nicht nur die Sicherheit im Bus, sondern auch die Sicherheit an der Schulbushaltestelle." Klar dürfte hier sein, dass er hier alle Haltestellen im ÖPNV anspricht.

Am 28. Mai berichtet die Rotenburg-Brebraer Allgemeine über den Ortsbeirat Erkshausen, der sich mehr Sicherheit für Kinder wünscht. Ortsvorsteher Thomas Nölke nennt eine Bushaltestelle "eine unheimliche Gefahrenstelle" - es müsse sofort gehandelt werden. Die Haltestelle müsse von den Verantwortlichen so gestaltet werden, dass sie den Vorschriften entsprechen - das war der Tenor der Diskussion. Und mehrere Ortsbeiräte fragten, warum die Vorschriften beim Ausbau der Straße nicht beachtet worden seien: "es gab doch auch damals schon Paragrafen".

Schulbus.Net ist unbekannt, dass für dieses wichtige Gebiet in Deutschland überhaupt irgendeine Vorschrift bestände. Jeder Beamte oder ehrenamtlich freischaffende Bürgermeister kann hier nach gut düngen schalten und walten. Sachverstand ist halt in der Politik nicht gefragt und selbst scheinbar zu Rat gezogene Fachstellen beugen sich in der Regel hinter verschlossenen Türen den Wünschen des Bürgermeisters.

30 Väter und Mütter sind laut Hersfelder Zeitung auch schon am 22 April kurz nach dem Unfall sensibilisiert. Der Wippershainer Ortsbeirat lud zur Ideensammlung ein um eine Haltestelle zu entschärfen. Auch regte der Elternbeiratsvorsitzende des Kindergartens an, schon mit den Kleinen im Vorschulalter das Verhalten am Busstop zu üben. Blick nach Kirchwald VG Vordereifel: dort wurden in der Sitzung vom Elternbeirat der Grundschule für neue "Fahrschüler" solche Maßnahmen als nicht erforderlich abgelehnt.

Im Gegensatz zur Heimatregion scheint jedenfalls in den Nachbarländern Schulbus.Net zu einer beliebten und anerkannten Lektüre geworden sein. Anzeichen deuten jedoch darauf hin, dass nun auch hier ein Umdenkprozess stattgefunden hat.

Für weitere Informationen:
Herbert Heisterkamp: Aktivitäten der Freien Wähler schreiben sich mittlerweile andere auf ihre Fahnen Schulbus.Net 21.6.2004
Power-Point Presentation des Landkreis Hersfeld-Rotenburg Schulbus.Net 21.6.2004
Welche Maßnahmen zieht der tödliche Schulbusunfall des 9-jährigen Marius nach sich? Schulbus.Net 3.5.2004
Marius (9) von Schulbus an der Haltestelle überfahren und dabei tödlich verletzt Schulbus.Net 2.4.2004
Freien Wählern - Kreisverband Hersfeld Rotenburg e.V.
Schulamt Bebra - Landkreis Hersfeld-Rotenburg u. Werra-Meissner
Busschule der RKH
Schulgesetz in Hessen: § 161 Schülerbeförderung
Schulbus-Ordnung der Regionalen Schule Nachtsheim Dabei sollte es nicht bleiben.