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Wie bemühen sich Gemeinde und Landkreis für sichere Schülerbeförderung und Haltestellen?
Schulbus.Net versuchte im Interview mit Verbandsbürgermeister Dr. Saftig Standpunkte zu erfahren.

von Rolf Diederichs, 15.12.2004

Deutlicher als in diesem Interview konnten Lippenbekenntnisse eines Politikers nicht werden. Doch mit einer scheinbaren Ehrlichkeit sagt er auch: "wir sehen zur Zeit keine Notwendigkeit, über das bereits Veranlasste hinaus tätig zu werden." Im Gegensatz dazu, zumindest die Ortsgemeinde Kirchwald, überraschend doch noch zu handeln beginnt. Wird der Jurist Saftig auch eines Tages die Verkehrssicherheit für Schulkinder begreifen?

Auch ohne Tonaufzeichnungen haben wir hier versucht nach besten Wissen die Gesprächsinhalte so genau wie möglich wiederzugeben. Das war von den Teilnehmern ausdrücklich so gewünscht.

Es gab in den letzten Jahren insgesamt zwei Termine, die jedoch beide formal als Gespräche mit der Elterninitiative "Sichere Schülerbeförderung" geführt wurden und nicht wie in diesem Falle mit der Presse bzw. Redaktion Schulbus.Net.

Das ein Gespräche, wie wir später feststellten ein Interview, beinahe erst gar nicht zu Stande gekommen wäre, lag an der offenen und ehrlichen Berichterstattung von Schulbus.Net, insbesondere über den Schulbusunfall im Schnee auf blanken Reifen von vor etwa 4 Wochen. Wir wollten den Dialog aber nicht abreißen lassen und schließlich stimmte Dr. Saftig einem Gespräch mit den Worten zu: "damit wir wieder zu einem vernünftigen Dialog kommen und eine Rückkehr zur sachlichen Ebene möglich wird".

Das Interview mit Bürgermeister Dr. Alexander Saftig begann am 13.12.2004 um 8:00 Uhr bei eisigen Außentemperaturen und ebenso eisiger Stimmung im Büro des Bürgermeisters in Mayen. Auch auf einen Kaffee zum Aufwärmen musste wahrscheinlich wegen Sparmaßnahmen verzichtet werden. An diesem Gespräch nahmen ferner Teil: Ewald Becker für Schulangelegenheiten und Michael Augel für Öffentlichkeitsarbeit.

Dr. Saftig begann das Gespräch förmlichen mit einer "Schweigeminute". Rolf Diederichs wurde signalisiert, dass er die Gesprächsführung übernehmen sollte, er vergewisserte sich dennoch mit der Frage ob das Gespräch von ihm im Stil eines Interviews geführt werden sollte, wozu er die zustimmende Gestik von Saftig erhielt.

Für wen bauen Sie im Verkehrsraum?
VG Vordereifel:
Pressetext zum LSV Termin
Zu Begin des Interviews wurde eine Pressemitteilung der Verbandsgemeinde thematisiert zu der wir hier einen Rückblick geben möchten. In der Pressemitteilung ging es um die Besichtigung der klassifizierten Straßen innerhalb der Verbandsgemeinde Vordereifel. Die Notiz erklärte zu Begin:

"Für Bürgermeister Dr. Alexander Saftig ist der Besichtigungstermin immer eine willkommene Gelegenheit um auf besondere Gefahrenstellen bzw. schlechte Fahrbahnzustände hinzuweisen."

Welche Gefahrenstellen und was will die Pressenotiz vermitteln, fragte sich die Initiative und kam dabei zu dem Schluss, dass es sehr löblich sei so wie geschildert Autofahrer und Insassen zu schützen. Allerdings wurden gewisse Akzente in Bezug auf die Verkehrsteilnehmer Fußgänger und Kinder auf dem Schulweg vermisst. Natürlich kann auch ein Fußgänger beim queren der Straße in einem Schlagloch stolpern, aber es geht doch sicherlich um wesentlichere Gefahrenstellen für diesen Personenkreis der Verkehrsteilnehmer. Schulbus.net wollte diese Diskrepanzen klären und stellte einige Fragen bezüglich der Pressenotiz schriftlich and den Bürgermeister.

Die Initiative bekam zufällig im gleichen Zeitraum unaufgefordert eine Erklärung der VG im Betreff "Bushaltestellen in der VG Vordereifel". Darin heißt es wörtlich: "Sie haben für den Bereich der Verbandsgemeinde Vordereifel ein Haltestellenkataster erstellt und die einzelnen Bushaltestellen aus Ihrer Sicht nach möglichen Gefahrenpunkten bewertet. Sie teilten uns mit, bei welchen Haltestellen Sie welche Defizite sehen. Wir haben darauf hin die Haltestellen mit Vertretern verschiedener Fachbehörden besichtigt und gemeinsam beraten, wie Ihre Vorschläge zu bewerten sind. Dabei ist ein Teil Ihrer Anregungen aufgegriffen worden, weil eine Verbesserung im Interesse der Sicherheit angezeigt war. In anderen Fällen konnte sich die Kommission nicht Ihrer Auffassung anschließen. Da Sie mit diesem Ergebnis offensichtlich nicht einverstanden sind, bringen Sie die Punkte, die für Sie noch unerledigt sind, immer wieder zur Sprache. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir nicht wieder erneut auf die wiederholt angesprochenen Bereiche eingehen. Es gibt nun einmal eine unterschiedliche Sicht der Dinge, aus der sich auch unterschiedliche Positionen ergeben. Wir sehen zur Zeit keine Notwendigkeit, über das bereits Veranlasste hinaus tätig zu werden."

Wir fragten nun am Morgen des 13.12. Bürgermeister Dr. Saftig, ob er nun im Rahmen der in der Pressenotiz genannten Besichtigung auch zum Thema sicherer Schulweg bzw. Haltestellen nun doch noch irgendwelche Feststellungen getroffen hätte? Dr. Saftig: "Mit vernünftigen Ermessen wurde das Notwendige getan. Ich kenne alle übrig gebliebenen Situation und es bleibt dabei - es wird nicht mehr getan."

Um ein Beispiele der übrigen Situationen zu nennen, sprachen wir das Thema Haltestelle Kirchwald Schule an. Hier laufen 15-20 Kinder jeden Morgen an einer unbeleuchteten Bushaltestelle über die Straße, weil sie auf der falschen Straßenseite nur genügend Platz und einen Unterstand finden. Dr. Saftig: "Ich kenne die Situation und auch weis auch von einem Jeepfahrer der, wie mir berichtet wurde, mit überhöhter Geschwindigkeit an einem an der Haltestelle mit Warnblinkanlage stehenden Bus vorbeifuhr." Ewald Becker wollte daraufhin weiter über das Problem mit solchen Autofahrern debattieren. Wir baten ihn aber beim eigentlichen Thema unseres Gespräches zu bleiben. Wir schlossen diesen Teil des Interviews mit der Feststellung, dass Dr. Saftig die Situation wie Kirchwald Schule und anderen Stellen sehr wohl kennen würde aber trotzdem dabei bleibt: "es wird nicht mehr getan".

Dr. Saftig zu Schulbusunfall mit blanken Reifen auf schneeglatten Straßen

Wir fragten Dr. Saftig, ob es für ihn nach dem Schulbusunfall irgendwelche Dinge zu tun gab. Nach Einschätzung Saftig wäre das kein Unfall gewesen. Er hätte Dienstellen auf die Problem hingewiesen und zum Ausdruck gebracht, dass die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden müssen. Die Reaktion war an den Konsequenzen zu erkennen. Die RMV fährt jetzt mit eigenem Bus diese Linie, wie lange noch wüsste er nicht. Maßnahmen gegen den Busfahrer waren Schulbus.Net entsprechend des eigenen Berichtes natürlich bekannt.

Der Streudienst war für ihn kein Thema eines Gespräches. Die VG mischt sich da nur vereinzelt ein, wenn Busse durch den Ort fahren, in Ortslagen wie Niederbaar oder Hirten. Über die Aufgaben des LSV wollte er nicht sprechen, wusste auch nicht ob auf der Kreisstraßen Streupflicht des LSV für durchfahrende Schulbusse bestände: "Es ist für mich auch kein Thema um dies mit LSV anzusprechen".

Wir fragten Saftig ob er Möglichkeiten der Einflussnahme hätte, Saftig: "mit der Frage kann ich nichts anfangen". Herr Becker verstand die Frage besser und erklärte daher vorab das Thema Einflussnahme:
1. Es gibt Bereiche da können und müssen wir selbst entscheiden.
2. Es gibt Bereich da können wir zum Teil Mitentscheiden.
3. Es gib Bereiche da können wir durch Diskussion auch Meinungen bilden, das kann dann auch zu Einflüssen führen, aber wir wissen nicht immer ob das auch durchschlägt.
Der letzter Fall trifft auf den Schulbusunfall zu, schloss Becker seine Erklärungen ab.

Dr Saftig betonte noch mal, dass er keine Diskussion zum Thema Streudienst geführt hätte. Auch die Streckenführung war nach Worten von Saftig kein Thema seiner Diskussion. Er nannte aber hierzu seine Meinung: Wenn man nicht über Ortschaft Acht fährt, dann ignoriert man praktisch dies eine oder andere Kind. "Die Sicherheit kann keine Mengenfrage sein" (Wir waren über solche Worte des Bürgermeisters sehr überrascht).

Saftig schiebt es quasi dem Landrat Albert Berg-Winters zu
Dr Saftig wiederholte noch mal, er habe keine weiteren Diskussion geführt. Auch obliegt ihm als Schulträger nicht die Entscheidung wie die Schülerbeförderung gefahren wird, ob nun im ÖPNV oder im freigestellten Schulbusverkehr. Diese Vertragsmöglichkeit liegt ganz alleine am Kreis als Träger der Schülerbeförderung.

Dr. Saftig betonte auch, dass er keine Diskussion geführt hatte, ob im ÖPNV oder Schulbusverkehr eine andere Grenze als 1,6 mm Profil und Sommerreifen vorgeschrieben wird. Jedenfalls ist das auch nach dem Unfall kein Thema, ihm ist auch keine Diskussion darüber bekannt. "Außerdem ist dafür Berlin zuständig" glaubte Saftig richtig zu belehren.

Seine Worte gaben Anlass das Interview kurz zu unterbrechen, um Saftig folgendes mitzuteilen: Es geht nicht darum die 1,6 mm Vorschrift zu ändern, sondern es gibt in RLP und anderen Bundesländern ein Nahverkehrsgesetz und danach ist der Träger (hier Kreis Mayen-Koblenz) angewiesen die Standards für die Fahrzeuge zu bestimmen. Auch steht im NV Gesetz wörtlich: "Nahverkehrsgesetz: § 8 (3) ...... sollen beratend mitwirken: 1. die betroffenen kreisangehörigen Städte, Verbandsgemeinden und verbandsfreien Gemeinden."

Als weiteres Beispiele führten wir an, dass es nicht ungewöhnlich ist wenn Betriebsleiter im ÖPNV z.B. 4 mm Profiltiefe für ihre Fahrzeuge vorschreiben oder das Fahrzeugalter die Kreisverwaltung auf z.B. 10 Jahre begrenzt. Wir teilten Saftig unsere Vermutung mit, dass hier in der Region nur hinter verschlossen Türen über das Thema Schulbusreifen wenig konstruktiv "getuschelt" wird.

Zum Schluss fragten wir Dr Saftig nach seinen Visionen in seiner neuen Amtsperiode: "Schulwege so sicher machen, dass keine Unfälle passieren, daran arbeiten wir gemeinsam mit den Ortsgemeinden. Einzelne auftretende Probleme werden dort gelöst wo sie entstehen."

Wir fragten: "Aber warum werden z.B an Kirchwald-Schule und Anderorts keine Probleme gelöst?" Dr Saftig: "Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass dort kein Handlungsbedarf besteht."

Das Schlusswort wollte keiner sprechen. Ein freundschaftliches Gruppenfoto wurde von Saftig abgelehnt. So bedankte sich Rolf Diederichs für das einstündige Gespräch/Interview und verabschiedete sich mit Handschlag.

Deutlicher als in den letzten Sätzen kann man Lippenbekenntnisse von Politikern nicht erkennen!

Die gute Nachricht:
Am 14 Dez 2004 erhielten wir von Bürgermeister Erich Pung die gute Nachricht: Die Ortsgemeinde wird noch in diesem Winter für bessere Helligkeit an den Bushaltestellen sorgen. Es werden die Lampenköpfe ausgetauscht. Wir werden es auch mit Gelblicht versuchen. Um ein gutes Ergebnis zu bekommen, sind Versuche notwendig. Mit einer Einbauzeit wird je nach Witterung bis Ende Januar-Februar 2005 gerechnet. Erste Haltestelle Kirchesch (Kirchwald-Schule).


Kleine Auswahl weiterer Informationen:
Landesgesetz über den öffentlichen Personennahverkehr (Nahverkehrsgesetz - NVG) vom 17. November 1995 PDF Datei
Qualifizierte Straßen im Bereich der Verbandsgemeinde Vordereifel wurden besichtigt 15.12.2004
Wahlbetrug der SPD Vordereifel oder SPD Kirchwald? 6.12.2004
Von Haltestellen und Erleuchtung in Kirchwald durch die WHO 6.12.2004
Erster Austausch von Standpunkten zwischen Verbandsgemeinde und Elterninitiative "Sichere Schülerbeförderung" 11.12.2003
Sicherheit an Haltestellen - Analyse, Forderungen und Empfehlungen 15.10.2003

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