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Reisebus schleudert in schneeglatter Kurve gegen zwei Reihenhäuser
Die Polizei Mayen gibt keine Auskunft über die Reifentypen

von Rolf Diederichs, 15.3.2005

Ein Reisebus schleuderte in einer Linkskurve auf geschlossener Schneedecke gegen eine Häuserwand. Verletzt hatte sich glücklicherweise niemand, zum Glück befanden sich auch keine Fußgänger auf dem Gehweg. Reifenausrüstung und im Zusammenhang die Geschwindigkeit waren offensichtlich die Unfallursache. Ein Experte beschreibt, wie Sommerreifen auf der Lenkachse einen Bus aus der Kurve bringen. Nur alleine die Grip auf der Antriebsachse, reicht in solchen Situationen nicht aus. Hartnäckig beharrt die Polizei Mayen auf ihrer restriktiven Informationspolitik, besonders wenn ein Omnibus verwickelt ist. Chancen einer Präventionswirkung durch Aufklärung fallen anderen Zielen der Polizei Mayen zum Opfer. Eltern klagen bei dieser Gelegenheit auch über Verkehrsunsicherheit in der Schülerbeförderung.


Zweizeiler der PI Mayen im Wochenbericht

Die Polizei Mayen berichtet im Originaltext: "Virneburg/Hauptstraße 12.03.05/03.10 - Beim Befahren der Ortslage kam ein Reisebus in einer Linkskurve auf der schneebedeckten vereisten Fahrbahn nach rechts hin ab und beschädigte hierbei ein Haus, zwei geparkte PKW's und Verkehrszeichen. Nach Ausleuchten der Unfallstelle durch die FFW Virneburg konnte der Bus mit Rangiermaßnahmen wieder flott gemacht werden. Es wurde niemand bei dem Unfall verletzt."

Schilderungen von Anwohnern

Anhand von Erzählungen verschiedener Anwohner konnte Schulbus.Net weitere Informationen über die Unfallnacht zusammentragen. Dazu gehören auch einige der hier gezeigten freundlichst zu Verfügung gestellten Photos eines Virneburger Bürgers. Wir wurden durch einen heftigen Knall aufgeweckt und junge Leute die in der Nacht noch wach waren, nahmen ein starkes Vibrieren des ganzen Hauses war. Der Straßendienst hatte noch am Vorabend die Bundesstraße 258 weitgehend frei von Schneeglätte geräumt. Nur wenige Stunden vor dem Unfall setzte Schneefall ein, wodurch sich eine etwa 10 cm geschlossene Schneedecke bildete. Der Omnibus streifte mit seiner Breitseite zweier Häuser entlang, rutschte weiter gegen zwei geparkte PKW's, diese bremsten ihn schließlich aus und verhinderten Beschädigungen an einem dritte Haus.

Eintreffende Polizeibeamten hörte man sofort zum Busfahrer gewand sagen: " Sie haben sicherlich Sommerreifen drauf". Ob sich das dann auch bestätigte, konnte anhand von Aussagen nicht zweifelsfrei erwiesen werden. Es war zu dunkel um die Reifen genauer wahrzunehmen. ich hörte nur wie jemand der Umstehenden sagte, "... der Polizist meint, der habe ja keine Winterreifen ....". Ein anderer schildert: "Hinten sah das Profil recht ordentlich aus, über vorne will ich nichts sagen". Die Polizei Mayen wollte auch auf Anfrage von Schulbus.Net keine Aussagen zu den Reifentypen machen. "An der technischen Ausstattung bzw. Ausrüstungen des Busses gab es keine Mängel. Diesbezügliche weitere Auskünfte sind nicht möglich," schrieb EPHK J. Brandscheidt in einer Email an Schulbus.Net. Auch die Reisebusfirma war nicht bereit Angaben über die Reifentypen zu machen.

Der Busfahrer beteuerte, er wäre nur 15 Km/h durch die Kurve gefahren. Was keiner der Anwohner ihm so richtig abnehmen wollte. Dem Fahrer wurde geraten die Fahrt nicht über die weitere Steigungstrecke fortzusetzen, sondern zurück über Kempenich zu fahren. "Der wäre da nicht hoch gekommen," meinte jemand. Der Reisebus war auf einer "Linienfahrt", es ging noch über Siegen auf den Weg nach Prag. Es war beabsichtigt, dass ein zweiter Fahrer später hinzu steigen sollte.

Reifenexperte über Fahrzeugreaktion bei falscher Bereifung

Uns gab ein Experte von Omnibusreifen eine Ferndiagnose über den möglichen Unfallhergang: Nach der Schilderung des Unfalls können ja eigentlich nur die Reifen unfallursächlich gewesen sein. Die Lenkachsreifen können auf dem Schnee keine Seitenführung aufbauen, der Bus kommt ins Untersteuern, der Fahrer ist machtlos. Würde der Fahrer bremsen, könnte der Bus nicht um die Kurve und würde geradeaus rutschen. Hier wirkt das Prinzip des Kamm´schen Kreises oder wie man auch sagt des Haftungsovals. Die Summe der übertragbaren Kräfte ist begrenzt; addieren sich Traktionskräfte und Seitenführungskräfte über ein Maximum hinaus, verliert normalerweise die Seitenführung den Wettlauf um Grip.
Also ist der Bus über die Vorderräder schiebend in Richtung Kurvenaußenrand gerutscht. Vielleicht hat der Fahrer noch weitergelenkt, weshalb das Heck noch nach außen gerutscht ist. Oder ist nur vom Gas gegangen und hat eine Lastwechselreaktion bekommen, aufgrund der das Heck nach außen ging. Oder er hat gebremst, aber dann rutscht der Bus erst recht geradeaus. Allerdings glaubt der Experte auch die 15 km/h nicht.
Unter dem hohen Druck der Reifen könnte der Schnee zu Matsch geworden sein, was die Angelegenheit noch rutschiger macht. Mit Kenntnis über die Temperaturen zum Unfallzeitpunkt könnte man das besser beurteilen.

Präventionswirkung durch Aufklärung ist der Polizei Mayen unbekannt

Die ersten Telefonate der Schulbus.net am Wochenende mit der PI Mayen deuteten schon auf eine bissige Stimmung mit unmissverständlicher Abneigung weitere detaillierte Auskünfte zu geben. Dagegen könnte sich Mayen von anderen Polizeidienstellen eine Scheibe abschneiden. Erst vor wenigen Tagen ist der Polizeisprecher Udo Heppe der PD Meschede, seiner Aufgaben, im Sinne des öffentlichen Informationsbedürfnisses und Erfüllung des Presserechtes, beispielhaft nachgekommen [1]. Udo Heppe trug selbst dazu bei, seine anfänglichen unbedachte Äußerungen "es waren Winterreifen drauf", aber hemmungslos wieder geradezustellen, mit dem Ergebnis: Winterreifen wurden zu "Hinten Ganzjahresreifen, Vorne Sommerreifen" (Branchenüblich). Der Pressesprecher der PI Schifferstadt sagte noch vor wenigen Wochen im Falle eines Schulbusunfalls: "Die Beamten können Reifen an Bussen in der Regel nicht gut bewerten, das ist bei Nutzfahrzeugreifen schwierig." Das auch PI Mayen mit Reifen von Schulbussen Probleme hat, zeigten schon einige unserer vorherigen Berichte.
Oder lässt sich der mangelnde Aufklärungswille der PI Mayen nur so Erklärung: Im Raum Mayen-Koblenz darf es keine durch falsche Reifen begründete Busunfälle im Winter geben, das will der Landrat nicht, das könnte ja ein schlechtes Licht auf die Busse der Schülerbeförderung werfen, praktisch Bestätigen, dass der Mix aus Ganzjahresreifen und Sommerreifen für diese Region prinzipiell nichts taugt.

Eltern über andere Verkehrsgefährdungen


Steckbrief dieser Haltestelle
Im Gespräch am Ort wurde bei dieser Gelegenheit auch über andere Verkehrsgefährdungen geklagt. Hier ist letztes Jahr noch ein Motorradfahrer in die Hauswand gefahren, ein anderer fuhr eine Fahrerin beim Einsteigen an der Autotür um. Der Anwohner De Haardt: "Die Geschwindigkeit müsste hier auf 30 KM/h eingeschränkt werden. Auch gehöre eine Leitplanke an den Fahrbahnrand vor unserem Haus. Frau Hardt ist auch über die gefährliche Überquerung der Tochter von der gegenüberliegenden Bushaltestelle besorgt, sie kommt dort mittags von der Regionalen Schule Nachtsheim zurück, besonders dann ist die Straßenkrümmung sehr ungünstig für die Sicht. Das Haltestellenschild ist in den Zweigen der Fichte nicht mehr zu erkennen. Die Beleuchtung ist für den Winter viel zu schwach." Auch die Rutschpartie eines Schulbusses den Berg runter aus Freilingen kommend wurde diesen Winter schon beobachtet. Ein Kind ist vor einigen Jahren an der Haltestelle beim Bäcker schon angefahren worden. Der Nürburgring ist zwar noch 15 KM entfernt, aber man hat das Gefühl der fängt schon hier an.


Begriffsbestimmung von Ganzjahresreifen und Winterreifen [1]
Ganzjahresreifen: Entsprechend Richtlinien sind "M+S Reifen" ("M+S" steht für die "mud and snow") Reifen, bei denen das Profil der Lauffläche und die Struktur so konzipiert sind, dass sie vor allem bei Matsch und frischem oder schmelzendem Schnee bessere Fahreigenschaften gewährleisten als normale Reifen. Das Profil der Laufflächen der M+S Reifen ist im allgemeinen durch größere Profilrillen und / oder Stollen gekennzeichnet, die voneinander durch größere Zwischenräume getrennt sind, als dies bei normalen Reifen der Fall ist.
Winterreifen: Es in Deutschland (geschäfts)üblich Reifen als "Winterreifen" zu bezeichnen, die im Gegensatz zu Sommerreifen einen höheren Anteil an Silica in der Laufflächenmischung, eine asymmetrische Profilgebung, eine geometrische Anordnung der Profilblöcke sowie besonders angeordnete Lamellen auf der Lauffläche haben. Teilweise werden solche Reifen durch ein Schneeflockensymbol gekennzeichnet.

Hintergründe und weitere Informationen:´

  1. Schulbus fährt auf Sommerreifen ein Einfamilienhaus abbruchreif
    13.3.2005 Arnsberg-Oeventrop/Meschede NRW (rd)
    Enthält Begriffsbestimmung von Ganzjahresreifen und Winterreifen
  2. "Gestern wäre es beinahe an der Haltestelle in Baar-Niederbaar passiert"
    Rolf Diederichs, 17.5.2004, auch über die B 258 nur 3 KM entfernt.
  3. Auch Reisebusse brauchen Winterreifen für mehr Sicherheit
  4. Die aktuelle Titelseite "Winter 2005"

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