Home
Schülerbeförderung im Winter auf abgefahrenem Sommerreifen
Bus der VREM gerät in Polizeikontrolle: unter 1,6 mm Sommerreifen auf schneebedeckten Straßen

Von Rolf Diederichs, Kirchwald, 26 Januar 2004.



VREM (SZ) Bus

"TWI" Marke abgefahren

Frisch geprüft

deutlich unter 1,6mm

TÜV

Auch Hinten ohne M+S
Rolf Diederichs traute seinen Augen nicht, als er bei winterlichen Straßenzuständen einen Bus der VREM (SZ) mit abgefahrenem Sommerreifen (Vorne-Rechts) an der Burgmauer in Mayen am Samstag um 14:15 parkend vorfand. Die Linie 337 (im Auftrag der RMV) sollte die Fahrgäste über die Strecke Trimbs-Polch-Mertlich nach Münstermaifeld bringen, d.h. teilweise über ca. 15% Gefälle- und Steigungstrecke. An Wochentagen nutzen auch viele Schüler diesen "integrierten Schulbus" und wägen sich nach den Worten der Rhein-Zeitung "so sicher wie in Abrahams Schoß" (Artikel vom 16.09.03).

Um eine Gefährdung abzuwenden rief Rolf Diederichs die PI Mayen an. "Es wird eine Weile dauern bis ein Fahrzeug kommen kann, denn soeben nähme ein Streifenwagen einen Unfall auf", so der Beamte am Telefon. Kein Wunder, denn der einsetzende Schneefall verursachte die üblichen Verkehrsunfälle, welche von der Polizei häufig folgendermaßen kommentiert werden: "Unverantwortlich, es sind immer noch Fahrer mit Sommerreifen unterwegs". Für abgefahrene Sommerreifen im Winter dürfte man sicherlich noch schärfere Worte als "unverantwortlich" benutzen - besonders in der Schülerbeförderung. Da Rolf Diederichs nicht sicher war, ob der Bus mit Kennzeichen MYK-V-5014 nicht noch vor Eintreffen der Beamten wegfuhr, vergewisserte er sich der Aussage eines vorbeikommenden Zeugen. Die Polizei traf glücklicherweise doch noch rechtzeitig nach ca. einer Stunde ein. PHM Jörg Rodermund nahm den Tatbestand mit seinem Kollegen auf. Da "TWI" Marken von einer der vier Profilspuren deutlich unter 1,6 mm abgefahren waren, war die Sachlage eindeutig.

Was die Polizei leider nicht beanstanden darf, ist unser Zweifel an der grundsätzlichen Tauglichkeit für den Winter dieses Sommerreifens vom Typ Toyo M 140, nach Angaben des Herstellers "Für Leicht-LKW, die wirtschaftliche Rundumbereifung".

Die Hinterachse des Busses war augenscheinlich auch mit Sommerreifen bestückt, denn ein M+S Zeichen war an dem runderneuerten Reifen nicht zu erkennen. Da alle anderen Angaben an dem Reifen sichtbar waren, dürfte eine Abschleifen des M+S Zeichen an Bordsteinkanten auch nicht ein Grund für das Fehlen sein. In der Diskussion wird man sicherlich wieder mit dem Begriff Ganzjahresreifen jonglieren. Eindeutig gibt es den Begriff Ganzjahresreifen in der StVZO nicht, denn dort ist ein Reifen ohne M+S Kennzeichnung ein Sommerreifen.

Hintergründe:
Nach vorliegenden Informationen von Schulbus.Net fahren "alle" Busse auf der Vorderachse mit Sommerreifen und es ist auch kein Einzelfall, dass Busse mit Sommerreifen auch auf der Hinterachse fahren. Sagte nicht kürzlich der Schulleiter der Regionalen Schule Nachtsheim im Schneegestöber: "Die Busunternehmer sind zur entsprechenden Ausrüstung angehalten". Dies scheint offensichtlich einer mehr oder weniger unverbindlichen Bitte zu entsprechen. Beunruhigend genug ist die Tatsache, dass im Schülerverkehr selbst in Höhenlagen der Eifel im Winter Sommerreifen eingesetzt werden. Wenn diese dann sogar noch abgefahren sind, verschlägst einem regelrecht die Sprache. Im vorliegenden Fall hatte wir noch Glück solch ein "schwarzes Schaaf" rechtzeitig zu finden, aber wie groß wird die Dunkelziffer sein?

Der VREM ist nach Angaben der Homepage mit ca. 40 Bussen der kleinste Verkehrsbetrieb der SZ-Gruppe liegt in Mayen in der Eifel. Wir erinnern uns noch der Image Kampagne der SZ Gruppe nach den Sommerferien in der Rhein-Zeitung:
"Hausaufgaben - Liebe Kinder und Jugendliche, wir mussten in den Ferien die Schulbank besuchen und Hausaufgaben machen. Prüfungen haben ergeben, dass wir unser Klassenziel erreicht haben. Alle unsere Omnibusse wurden in den letzten 14 Ferientagen - außerordentlich zu den üblichen Prüfungen - "TÜV geprüft" und zertifiziert. Nun müssen wir Fahrerinnen und Fahrer noch bis zum Jahresende "Sicherheitslehrgänge" absolvieren, die nach den Richtlinien des Deutschen Verkehrssicherheitsrates durchgeführt werden. Wir drücken Euch und uns die Daumen zum erfolgreichen Bestehen anstehender Prüfungen. Eure SZ Verkehrsbetrieb (VRW, VREA, VREM, MVB, RWN, VRL, DR)". (Rhein-Zeitung 3.9.2003)

Diesmal wurden die Hausaufgaben offensichtlich vergessen. Seltsam fällt auf, dass trotz vergessener Hausaufgaben ebenso offensichtlich eine "TÜV Prüfung" ziemlich frisch vom Bus absolviert wurde, d.h. der Bus müsste laut Prüfplakette die Prüfung an einem Tag im Januar 2004 bestanden haben (s. Foto oben). Kann man Prüfungen auch ohne gemachte Hausaufgaben bestehen? Möglicherweise wurde ein Eintrag zum Auswechseln des Reifens innerhalb einer gewissen Frist erstellt. Die genaueren Umstände und den Tag der TÜV-Prüfung könnte die Polizei an Hand der Papiere feststellen.

Siehe auch SZ Betrieb im Kreis Ahrweiler in den Schlagzeilen:
16.12.2003 Kreis Ahrweiler
Schülerbeförderung/ÖPNV braucht mehr als TÜV-Plaketten
Beschwerdelawine über mangelhafte Busverkehrsleistungen der VREA im Kreis Ahrweiler.
Bündnis 90/Die Grünen setzen sich in Ahrweiler für eine Verbesserung der Situation in der Schülerbeförderung ein. Zu hoffen bleibt, dass dies auch bei allen Parteien im Kreis Mayen-Koblenz sowie bundesweit eine Signalwirkung hat. Siehe Meldungen auf dieser Seite und Kölnische Rundschau über VREA in Ahrweiler.


Auswahl von Links zu diesem Thema:
Toyo M 140: Für Leicht-LKW, die wirtschaftliche Rundumbereifung
www.verkehrsbetrieb-vrem.de
Sicherheit bei der Schülerbeförderung im Winter - Fahren die Busse mit wintertauglichen Reifen?
Zwei Tote und 6 Verletzte bei Zusammenstoß von Linienbus mit Behindertentransporter - 20.1.2004 Riesa/Sachsen
Busse waren bundesweit trotz Schnee mit Sommerreifen unterwegs
Die Verkehrssicherheit von Schulbussen - Maßnahmenkatalog und Kommentar
Vom TÜV geprüft und trotzdem schwere Mängel
StVZO, BOKraft - Anforderungskatalog für Kraftomnibusse und Kleinbusse
Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) Stand: 18. Dezember 2002
Diesen Beitrag im Forum diskutieren